Fracking - Ist Die Angst Begründet?

Fracking in Deutschland – Ist die Panik begründet?

2014 wird uns sicher allen noch lange im Gedächtnis bleiben. Man wird in Zukunft davon sprechen, dass in diesem Jahr viel gebangt und gehofft wurde, als diese kleine Gruppe von Deutschen dabei war, Geschichte zu schreiben. Die Rede wird dann allerdings von unserer Bundesregierung, speziell Sigmar Gabriel sein, während die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien vermutlich nur noch eine Randnotiz darstellt.


Update: Hier geht’s zum aktuellen Nachtrag


Die Bundesregierung will Fracking in Deutschland erlauben

Leider kann man schon fast von einem Dauerzustand sprechen, wenn es um die allgemeine Unzufriedenheit mit unserer Bundesregierung beim Thema Energiewende geht. Aktuell ist es besonders das Fracking, also die unkonventionelle Gewinnung von Erdgas, das in Deutschland die Gemüter erregt. Da hat sich der Ärger über die neue EEG Umlage  noch gar nicht gelegt und schon wird neuer Zündstoff geliefert.

Vor kurzem ist bekannt geworden, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel noch vor der Sommerpause einen Gesetzesentwurf vorlegen will, der das Fracking in Deutschland erlaubt. Ein interessanter Sinneswandel, wenn man bedenkt, dass er im letzten Jahr noch gegen die Technologie war. Wenn man nur einmal an die vielen Negativbeispiele aus den USA und das konkrete Fracking-Verbot aus Frankreich denkt, dann klingeln bei vielen natürlich die Alarmglocken. Es erweckt allerdings den Anschein, als sei für die meisten der Versuch, die letztendliche Entscheidung durch den Trubel der Fußballweltmeisterschaft verschleiern zu wollen, viel schlimmer als das Fracking selbst.

Fußball als Ablenkung?

Immerhin hat die Regierung in den vergangenen Jahren bereits ähnlich gehandelt:

  • 2006 (WM):
    Bundestag beschließt die Anhebung der Mehrwertsteuer auf insgesamt 19 Prozent.
  • 2010 (WM):
    Erhöhung der Krankenkassenbeiträge von 7,9 auf 8,2 Prozent beim Arbeitnehmeranteil.
  • 2012 (EM):
    Beschluss der neuen Melderegisterauskunft. Diese erlaubt es dem Einwohnermeldeamt persönliche Daten an Werbefirmen und Inkassounternehmen weiterzugeben. (§§ 17 bis 22 MRRG).

Bei der Betrachtung dieser Bespiele springen einem zwangsläufig die zeitlichen Paarallelen zwischen in der Bevölkerung „ungeliebten“ politischen Entscheidungen und größeren Ereignissen, wie den Welt-und Europameisterschaften, ins Auge. Doch zurück zum Fracking.

Genauso gefährlich wie die möglichen Umweltschäden durch Fracking, ist die grundsätzliche Verschließung vor einem Diskurs um Sinn und Unsinn dieser Fördermethode von Gas. Wer fremde Meinungen einfach nachplaudert, kann sich nicht sicher sein, ob er nun die richtige Seite unterstützt.

Was genau passiert beim Fracking?

„Fracking“ hat durch seine inflationäre Nutzung bereits jetzt die besten Chancen, zum Wort des Jahres 2014 gekürt zu werden. Für viele ist es gleichbedeutend mit Umweltverschmutzung, Raubbau und politischen Machenschaften. Aber was genau läuft beim sogenannten „Hydraulic Fracturing“ eigentlich ab und warum rechnet man hierbei grundsätzlich mit Umweltschäden?

Prinzipiell beschreibt das „Hydraulic Fracturing“ nur einen Vorgang, bei dem Wasser unter hohem Druck in das Erdreich gepumpt wird, um dort Zugänge zu eingelagerten Rohstoffen zu schaffen. Das Fracking ist nicht grundsätzlich umweltschädlich und wird auch in Deutschland schon seit langem eingesetzt, um Trinkwasser zu gewinnen.

Besonders kritisch wird das Fracking nur, wenn das Pumpwasser für die Gewinnung von Erdgas mit aggressiven Chemikalien versetzt wird. Genau dieser Punkt wird allgemein mit dem Fracking assoziiert, weshalb diese Art der Erdgasförderung auch in Deutschland so negativ konnotiert ist.

Querschnitt einer Fracking-Anlage

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Das Fracking gilt als unkonventionelle Fördermethode, da das Erdgas nicht wie üblich in einer großen Blase lagert, sondern sehr eng im Gestein eingeschlossen ist. Das Wasser und die zugeführten Chemikalien sollen die Gesteinsschichten aufbrechen, um damit die Gewinnung von Tight Gas, Schiefergas und Kohleflözgas zu ermöglichen.

Hiervor fürchtet man sich in Deutschland

In der Vergangenheit wurde das Fracking besonders in Amerika vorangetrieben, weshalb fast alle Studien und Erfahrungswerte auch von dort stammen. Schon nach kurzer Recherche findet man im Internet etliche amerikanische Negativbeispiele und Prognosen, die das Fracking auch in Deutschland nicht beliebter machen. Insgesamt befürchtet man beim Fracking diese möglichen Folgen:

  • Vergiftung des Grundwassers, wenn die eingesetzten Chemikalien nicht ordnungsgemäß entsorgt werden.
  • Gasaustritt an Wasserhähnen, wenn die Bohrungen nicht korrekt durchgeführt werden und das Gas über Umwege ins Trinkwasser gelangt.
  • Leichte Erdbeben, wenn das Fracking in der Nähe von Gesteinsnähten durchgeführt wird.
  • Absacken des Bodens, wenn Gesteinsschichten unterspült und ausgehöhlt werden.

Es muss ausdrücklich betont werden, dass viele Befürchtungen nur schwer zu beweisen sind und oft vielleicht auch nur die Angst vor neuen Technologien widerspiegeln. Behauptungen die mit „Es soll schon Fälle gegeben haben […]“ oder „Theoretisch könnte […]“ beginnen, sind nicht sehr stichhaltig und sollten daher äußerst kritisch betrachtet werden. Die Angst um das Trinkwasser ist dennoch keinesfalls unbegründet, denn beim Fracking wird auch in Deutschland im gegebenen Fall mit umweltschädlichen Chemikalien gearbeitet. Experten zufolge, müssen einige Ausnahmen daher zwingend eingehalten werden:

  • Regionen, in denen Trinkwasser gewonnen wird, stehen nicht für das Fracking zur Verfügung. Die Bundesregierung hat die Förderung in solchen Gebieten bereits offiziell verboten.
  • Gasreservoirs oberhalb von 1000 Metern sollten nicht angetastet werden, um einen adäquaten Sicherheitsabstand zum Grundwasser zu wahren.
  • Die Umgebung von geologischen Bruchzonen sollte ebenfalls gemieden werden, da größere Risse als Aufstiegskanäle für die Fracking-Flüssigkeit dienen könnten.

Fracking ist nur dann umweltschädlich, wenn es grob fahrlässig betrieben wird und eben dieser Schluss lässt sich auch bei vielen anderen Technologien ziehen. Die Praxis hat außerdem gezeigt, dass die gefährlichen Chemikalien speziell an der Erdoberfläche mit besonderer Vorsicht behandelt werden müssen, während sie im Boden bisher keinen nachweisbaren Schaden angerichtet haben. Viele Gefahren kann man zwar nicht vollkommen ausschließen, allerdings könnten diese mit strengen Gesetzen und besonderer Überwachung auf ein Minimum reduziert werden.

Als Laie ist man ebenfalls dazu angehalten, die Quellen eines Berichtes genau zu prüfen. Beteiligte Unternehmen wie ExxonMobil stellen das Fracking in Deutschland selbstverständlich nur positiv dar, während erbitterte Gegner jedes noch so haarsträubende Argument heranziehen, um das Fracking auf jeden Fall zu verhindern.

Beispiel Amerika

Bohrung FrackingAmerikas Fracking-Programm liefert wie bereits erwähnt, die Grundlage für den derzeitigen Diskurs um die möglichen Umweltschäden. Dort hatte man Anfang 2000 begonnen, verstärkt auf sogenannte unkonventionelle Gas-Reserven zurückzugreifen, um sich weniger abhängig von ausländischen Importen zu machen. Wirtschaftlich war das Fracking zunächst ein voller Erfolg. Durch ein aktuelles Überangebot ist der Fracking-Boom zwar etwas abgeflaut, allerdings gehen Experten davon aus, dass es sich nicht um ein langfristiges Phänomen handelt und sich der Markt quasi von selbst stabilisiert.

Das Fracking und die Energiewende

Die aktuelle Debatte um die EEG Umlage zeigt: Die Energiewende ist in Deutschland in einer kritischen Phase, da man sich erhebliche Gedanken um die Rentabilität von Erneuerbaren Energien macht. Es geht dabei jedoch nicht um die Wirtschaftlichkeit von Windrädern und Photovoltaikanlagen per se. Deutschland ist nun mal eine Industrienation, die stark auf dem Export aufbaut. Der Energiemix muss also dem „magischen Dreieck“ entsprechen und daher Versorgungssicherheit genauso wie Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit garantieren können. Wenn nicht alles Gas nach Deutschland importiert werden soll, muss an der eigenen Förderung gearbeitet werden und hier stellt Fracking leider zurzeit eine der besseren Lösungen dar. Verzichtet man vollkommen auf dieses Erdgas, müssen stattdessen Kohle und Atomkraft herhalten, damit der deutsche Energiemix wirtschaftlich bleibt. Kein rosige Alternative, oder?

Trotzdem ist es fraglich, was für ein Zeichen mit der plötzlichen Legalisierung von Fracking gesetzt wird. Statt großflächig mit dem einstig angepriesenen Ausbau der Energiewende und den entsprechenden Technologien fortzufahren, plant unsere Regierung beispielsweise die sogenannte „Sonnensteuer“ für private Photovoltaikanlagen. Nun soll in Deutschland auch noch großflächig Erdgas gewonnen werden. Es wirkt fast so, als sei die Energiewende schon als gescheitertes Projekt ad acta gelegt worden.

Was spricht für das Fracking in Deutschland?

Ist das Fracking in Deutschland tatsächlich unnötig? Konnten wir die Energieversorgung bereits so weit auf Erneuerbare Energien umstellen, dass neues Erdgas nur einen Luxus darstellen würde? Auf die Fragen gibt es leider nur ein zweifaches Nein.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) riet zwar bereits im Jahr 2013 davon ab, Fracking großflächig zuzulassen, hat aber ebenfalls zugegeben, dass diese Technologie bisher zu wenig erforscht wurde, um klare Aussagen treffen zu können. Einzelne Pilotprojekte können hier Abhilfe schaffen und  klare Ergebnisse liefern. In Deutschland könnte die Fracking-Technologie möglicherweise deutlich verbessert werden, um das Verfahren überall auf der Welt sicherer zu gestalten. Die deutsche Natur zu schützen bringt nämlichen keinen erheblichen Mehrgewinn, wenn dafür das Fracking-Gas aus anderen Ländern importiert wird.

Gesamtgesellschaftliche Stromkosten

energieheld-Fazit zum Fracking

Wir von energieheld sind keine grundsätzlichen Befürworter des Frackings, aber können uns auch nicht dem Eindruck erwehren, dass diese Debatte größtenteils sehr unsachlich geführt wird. Ohne handfeste, wissenschaftliche Studien kann einfach keine Aussage darüber getroffen werden, wie gefährlich das Fracking nun tatsächlich ist. Genauso ist es höchst unwahrscheinlich, dass die hiesige Fracking-Industrie im gegebenen Fall amerikanische Verhältnisse annehmen würde und Deutschland in wenigen Jahren vollkommen „durchlöchert“.

Alleine aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das Erdgas einfach zu wertvoll, um darauf zu verzichten. Es ist jedoch an der Bundesregierung und den involvierten Unternehmen, die möglichen Risiken nicht real werden zu lassen. Durch strenge Gesetze und transparente Verfahren könnte das Fracking auch in Deutschland ohne drastische Umweltschäden durchgesetzt werden.

Es ist gut und richtig, dass ein Aufschrei durch Deutschland geht, wenn es um solch kritischen Themen wie das Fracking geht. Nachdem sich der erste Ärger gelegt hat, sollte diese Energie aber konstruktiven Einfluss nehmen und diese Art der Erdgasförderung nicht grundsätzlich verdammen. Fragwürdig ist natürlich, ob man grundsätzlich pro Fracking sein sollte, denn ganz ungefährlich ist diese Technologie tatsächlich nicht, aber es stellt sich auch stets die Frage: „Was sind sinnvolle Alternativen?“ Langfristig sind es ganz klar die Erneuerbaren Energien, die entgegen der landläufigen Meinung keine teuren Sorgenkinder sind. Kurzfristig könnte ein kleiner Gas-Boom wirklich dabei helfen, die grünen Energien in Deutschland noch stärker voran zu treiben.

Bis zur letztendlichen Entscheidung über das Fracking in Deutschland wird noch einige Zeit vergehen, sodass man nur hoffen kann, dass das Umweltinteresse der Bevölkerung bestehen bleibt und nicht der Euphorie über eine andere Sensationsmeldung weicht.


Nachtrag vom 31. Juli 2014

Es gibt Neuigkeiten zum Thema Fracking: Am 30. Juli 2014 hat Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, einen neuen Bericht zur Einschätzung der Gas-Fracking-Technologie vorgestellt. Allerhöchste Zeit, denn bereits zu Beginn des Monats hatten das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium gemeinsam die geplanten Eckpunkte für den künftigen Umgang mit Fracking vorgelegt.

Das wichtigste Ergebnis aus beiden Veröffentlichungen: Wenn Fracking tatsächlich erlaubt werden sollte, dann nur unter kritischer Aufsicht und mit sehr strengen Regelungen. Klingt erstmal vernünftig, aber ist in dieser Sache nun quasi schon alles entschieden, wenn die zuständigen  Instanzen bereits einen gemeinsamen Kurs verfolgen? Nein!

Die aktuelle Lage muss differenzierter Bewertet werden, als dies von den Kritikern getan wird. Die jüngsten Ereignisse sind keine Vorzeichen für eine baldige Legalisierung des Gas-Frackings. Vielmehr steht die Frage im Raum, ob man dieser Technologie generell eine Chance geben sollte, oder sich grundsätzlich, ohne weitere Nachforschungen vom Thema Fracking abwendet. Die Eckpunkte der Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt beschäftigen sich tatsächlich nämlich nur mit den Grundlagen für mögliche Forschungsmaßnahmen. Wortwörtlich heißt es: „Fracking zur Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas wird es zu wirtschaftlichen Zwecken auf absehbare Zeit in Deutschland nicht geben.“

Der aktuelle Diskurs dreht sich also primär um die Reglementierung von möglichen Testbohrungen.

Der Bericht des Umweltbundesamtes weicht auf technischer Seite nicht sonderlich von den Eckpunkten der Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt ab: Empfindliche Umweltzonen sind generell unangetastet zu belassen und alle Fracking-Maßnahmen müssen einheitlich und streng reguliert werden. Der aktuelle Diskurs dreht sich also primär um die Reglementierung von möglichen Testbohrungen. Auch aus dem 2012 veröffentlichten Bericht des Umweltbundesamtes geht hervor, dass jegliche Auseinandersetzung mit dem Fracking nur auf theoretischer Basis stattfinden kann, solange keine konkreten Test-Ergebnisse vorliegen.

Die persönliche Einschätzung von Präsidentin Krautzberger ist jedoch in der Fracking-Frage auf einer ganz anderen Ebene zu verorten und muss deshalb auch gesondert Betrachtet werden. Ihr zufolge, sollte das Fracking nicht als Universallösung der Energiewende angepriesen werden. Stattdessen sollten umweltfreundlichere Technologien gefördert und der generelle Energieverbrauch gesenkt werden.

Wir von energieheld würden dieses Statement sofort unterschreiben, aber wir freuen uns auch, dass technische Details eine wichtige Rolle im allgemeinen Diskurs spielen. Man kann nicht vorhersagen, wie die letztendliche Entscheidung zum Thema Fracking ausfallen wird, aber eine präzise Auseinandersetzung mit den Risiken ist generell nichts, das verurteilt werden sollte.

Bildquelle
Schild: © OpenClips / pixabay.com
Bohrung: © OpenClips / pixabay.com
Sonst: © energieheld

Stephan Thies

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Linda Marie Holm

    In Mecklenburg Vorpommern am Ribnitzer Bodden ist Ende Juni erstmals seit 2011 wieder gefrackt worden. Das Unternehmen Halliburton pumpte in drei Durchgängen 450 Kubikmeter Flüssigkeit unter hohem Druck in die 2.700 Meter tiefe Lagerstätte, um die Zuflussbedingungen des Erdöls im Bohrloch „Barth-11“ zu verbessern.

    Auch in Niedersachsen deutet sich ein Kurswechsel an. Die Landesregierung bereitet derzeit einen Erlass vor, der festlegt, unter welchen Bedingungen Fracking erlaubt werden soll.

    Und da die Genehmigung für solche Vorhaben in den Händen der zuständigen Landesbehörden liegt, wird das Fracking konventioneller Lagerstätten wohl genehmigt werden (Sandstein-Vorkommen, tiefer als 2500 m, fernab vom Grundwasser). Diese Strategie wird in Deutschland seit mehr als 50 Jahren verfolgt.

  2. Pingback: Um was geht es in der EU-Energieeffizienzrichtlinie? | energieheld Blog

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