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Antje Horvath – Energieberatung Kanton Zürich

Der effiziente Umgang mit Energie wird global immer wichtiger. Für uns von energieheld liegt der größte Hebel in der Wärmewende, das bedeutet vor allem in der Modernisierung von Gebäuden. Wir haben in der Vergangenheit viel über die Zukunft der Energiewende in Deutschland berichtet. Im Zuge unserer Niederlassungseröffnung in der Schweiz, am 10. April 2017, wollen wir die Energiewende in der Schweiz einmal genauer betrachten.

Die Schweizer stimmen am 21. Mai 2017 über die Energiestrategie 2050 per Volksabstimmung ab. Die Strategie umfasst mehrere Phasen. Drei Punkte stehen im Fokus, der Atomausstieg, das Energiesparen und die Förderung von erneuerbaren Energien. Um Licht ins Dunkel zu bringen und die Situation einzuschätzen, sprachen wir mit Antje Horvath, Leiterin der Sektion Energieberatung/ Minergie-Labelstelle für den Kanton Zürich.

 Inhalt:

Sebastian Zahn (energieheld): Liebe Frau Horvath, schön, dass Sie Zeit haben. Bitte stellen Sie sich doch einmal kurz vor.

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Mein Name ist Antje Horvath, ich bin Leiterin der Sektion «Energieberatung» der Abteilung Energie der Baudirektion Kanton Zürich. Zu meinem Aufgabengebiet gehört die Zertifizierung von Minergie-Gebäuden, die Förderung energetischer Massnahmen, die Beratung sowie die Aus- und Weiterbildung von Fachleuten.

Sebastian Zahn (energieheld): Was ist das besondere am Kanton Zürich, wenn es um Energieeffizienz im Gebäudesektor geht?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Die Energieeffizienz im Gebäudebereich konnten wir im Kanton Zürich mit der Zertifizierung von Minergie-Gebäuden deutlich steigern. Der Kanton Zürich hat die höchste Dichte an zertifizierten Bauten, ein Viertel aller zertifizierten Bauten stehen auf Zürcher Boden.

Energiestrategie 2050 – Schweiz

Sebastian Zahn (energieheld): Am 21. Mai 2017 findet die Volksabstimmung zur Energiestrategie 2050 statt.

Zum ersten Maßnahmenpaket zählen u. a. die Senkung des Energieverbrauchs pro Person, der Ausbau der Wasserkraft, Erhöhung der CO2-Abgabe und steuerliche Anreize zur energetischen Gebäudesanierung. Wie bewerten Sie die Strategie?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Im Vorfeld von Abstimmungen äussern wir uns nicht zu den Inhalten, über die die Schweizerische Bevölkerung zu befinden hat.

Sebastian Zahn (energieheld): Welche Herausforderungen müssen bewältigt werden, um die erste Phase erfolgreich zu meistern?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Unabhängig vom Ausgang des Abstimmungsergebnisses haben die Kantone ihre Verantwortung im Gebäudebereich, für den sie zuständig sind, wahrzunehmen. D.h., wir sind bestrebt, dass im Neubaubereich dank der entsprechenden Vorschriften nur energieeffiziente Bauten erstellt werden.

Im Gebäudebestand ist die Sanierungsrate anhand von Informationen und der finanziellen Unterstützung energetischer Massnahmen aufrecht zu erhalten.

Sebastian Zahn (energieheld): Sollte die Energiestrategie im kommenden Jahr starten, welche Folgen hat das für die einzelnen Kantone in der Schweiz gerade im Hinblick auf mögliche Förderungen?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Wenn die Änderung des Energiegesetzes angenommen wird, ändern sich die Rahmenbedingungen über die Zuteilung der Globalbeiträge für die Kantone. Die Kantone müssen dann im Zusammenhang mit ihren eigenen Budgets die Förderprogramme so ausgestalten, dass sie die Bedingungen gemäss den entsprechenden Verordnungen einhalten.

Sebastian Zahn (energieheld): Welche Schwachstellen sehen Sie aktuell im Fördersystem?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Die Vorgaben zu den Förderbedingungen seitens des Bundes sind eher eng ausgelegt, was mitunter zu Absagen führt.

Sebastian Zahn (energieheld): Aktuell stehen keine Gelder im Rahmen von Neuanträge für Solarthermie und Erdwärmesonden (Wärmepumpen) zur Verfügung. Ist für 2018 ein neues Budget dafür geplant?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Bei uns wurden bisher keine Wärmepumpen gefördert, es wurde bis Ende 2016 nur der Ersatz von Elektroheizungen durch Wärmepumpen unterstützt. Wie dieses Jahr wird der Kanton auch für 2018 über keine eigenen Mittel für die Förderung direkter Massnahmen verfügen.

 Energieeffizienz im Kanton Zürich

Sebastian Zahn (energieheld): Sie unterstützen Gemeinden und Privathaushalte bei der Energieplanung und beim Einsatz energieeffizienter Anwendungen. Wie steht der Kanton Zürich im Vergleich zu anderen Kantonen beim Thema energetische Sanierung dar?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Der Kanton Zürich unterstützt die Erstellung eines Gebäudeenergieausweises der Kanton mit Beratungsbericht (GEAK-Plus) mit 300 Franken. Die Gemeinden erhalten im Rahmen ihrer Energieplanungen Fördergelder vom Kanton. Vergleicht man die finanzielle Unterstützung energetischer Massnahmen an der Gebäudehülle unter den Kantonen, so nimmt der Kanton Zürich mit Auszahlungen von über 16 Millionen Franken im Jahr 2016 den ersten Platz unter den Kantonen ein.

Das MINERGIE-Label

Sebastian Zahn (energieheld): Sie verleihen das MINERGIE-Label für Gebäude, auch der öffentlichen Hand, die im Minergie-Standard realisiert wurden. Bitte erläutern Sie doch das Label kurz. Wie kann der Hauseigentümer davon profitieren?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Minergie steht für Werterhaltung, Komfort und tiefen Energieverbrauch von Gebäuden. Die Hauseigentümer profitieren dadurch, dass sie ein qualitativ hochwertiges Gebäude erhalten. Die hohe Qualität ist nicht zuletzt deshalb sichergestellt, weil die Antragsunterlagen von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle geprüft werden.

Sebastian Zahn (energieheld): Gibt es etwas Vergleichbares auch in Deutschland?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich): Ja, das wären Gebäude, die nach dem Passivhausstandard gebaut werden.

 Top 3 – Energiespartipps

Sebastian Zahn (energieheld): Liebe Frau Horvath, am Ende Fragen wir immer nach den Top 3 Energiespartipps für den Alltag. Was sind Ihre?

Antje Horvath (Energieberatung Zürich):

  1. als erstes unbedingt in der Heizperiode die Räume nicht überheizen, dh. eine Raumtemperatur von maximal 21° anstreben.
  2. der nächste Tipp schliesst daran an: im Winter sind die Fenster nicht zu kippen, da hier viel Wärme verloren geht. Durch Stosslüften kann die verbrauchte Luft effizient ausgetauscht werden.
  3. der dritte Tipp bezieht sich auf die Stand-by-Verluste. Geräte sind auszuschalten, das spart Strom, ohne jegliche Komforteinbussen

Sebastian Zahn (energieheld): Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

es ist immer wieder hilfreich den Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen. Frau Horvath vermittelt einen guten Eindruck davon, wie die Schweiz, speziell der Kanton Zürich, die energetische Modernisierung im Gebäudesektor vorantreiben will. Entscheidend dabei sind mögliche Förderungen. Mit 16. Millionen Franken Auszahlung im Jahr 2016 ist der Kanton Zürich Spitzenreiter.

Wir sind sehr gespannt, wie die Volksabstimmung zur Energiestrategie 2050 ausgehen wird. Unterstützenswert sind natürlich weitere sinnvolle Sanierungsmaßnahmen und eine Lockerung der Förderungsvorgaben. Das gilt für die Schweiz wie auch für Deutschland.

Stephan Thies

"Für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende ist eine realistische und unabhängige Informationsbereitstellung wichtig. Bei Energieheld ist dies unser tägliches Bestreben."

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