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Eva Maria Trummer – Gründen im Handwerk

Gründen im Handwerk erfordert Mut und Leidenschaft. Die Handwerksbranche zählt zur größten Branche in Deutschland. In ihr sind zahlreiche Berufsgruppen vertreten. Die Konkurrenz ist enorm, daher ist es umso wichtiger sich mit kreativen Ideen, einem innovativen Konzept und einem einzigartigen Unternehmen hervorzuheben.

Im Rahmen unserer neuen Interview Reihe #Gründen, sprechen wir über Themen rund um das Gründen im Handwerk. Diesmal mit dabei Eva Maria Trummer aus Erlangen mit ihrem Unternehmen Optikmeisterei.

Das erwartet Sie in diesem Interview:

  1. Erste Schritte zum eigenen Handwerksbetrieb
  2. Auftragsakquise bei Neugründungen im Handwerk
  3. Digitalisierungsstrategie für Gründer im Handwerk
  4. Die nächsten Ziele

Sebastian Zahn (energieheld): Liebe Frau Trummer, stellen Sie sich doch bitte kurz vor.

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Mein Name ist Eva Maria Trummer, ich bin 25 Jahre alt, Augenoptikermeisterin und betreibe seit 3 Jahren die Optikmeisterei in Erlangen

Erste Schritte zum eigenen Handwerksbetrieb

Sebastian Zahn (energieheld): Warum gerade im Handwerk gründen?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Ich wollte etwas Handfestes machen und gerne viel Kontakt mit Menschen haben. Als Optikermeisterin kann ich meine Leidenschaft für das Handwerkliche mit Mode verbinden und die Beratungsgespräche mit meinen Kunden jeden Tag genießen. Dabei ist jede Kundenanforderung medizinisch, technisch und modisch anders, das macht den besonderen Reiz des Optikerhandwerks aus.

Sebastian Zahn: Welche Herausforderungen mussten Sie zu Beginn meistern?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Es sind aus meiner Sicht drei Herausforderungen, die zu meistern sind:

  • Die Positionierung am Markt
  • Die Finanzierung des Vorhabens als Gründer ohne Sicherheiten für die Bank
  • Das Finden von Mitarbeitern, die mit Leidenschaft ihren Beruf ausüben

Eine Differenzierung kann nur über besondere Serviceleistungen, hochwertige Marken und ein stimmiges Ambiente gelingen.

Sebastian Zahn (energieheld): Was waren die wichtigsten Schritte bis zum Start ihres Handwerksbetriebes?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Zunächst waren strategische Überlegungen wichtig. Mir war von Anfang an klar, dass ich mich von der etablierten Konkurrenz abheben muss. In Erlangen gibt es ca. 20 Optiker, da hat man mich als 21. Laden nicht vermisst.

Das untere Preissegment wird schon sehr erfolgreich von einer großen Optikerkette abgedeckt. Dort habe ich meine Ausbildung gemacht und konnte sehr gut einschätzen, dass im unteren Preissegment kein Platz für einen lokalen Neustarter ist. Somit war klar, dass eine Differenzierung nur über besondere Serviceleistungen, hochwertige Marken und ein stimmiges Ambiente gelingen kann.

Ich habe dann mehrere Businesspläne gemacht und verschiedene Konzepte, darunter auch eines mit einer Großfläche, durchdacht und durchgerechnet.

Als besonders schwierig erwies sich die Suche nach einem geeigneten Ladenlokal. Hier habe ich ein ganzes Jahr intensiv gesucht. Am Ende ist es dann eine der ältesten Apotheken Erlangens geworden, deren Raumkonzept eigentlich für einen Optiker sehr ungewöhnlich ist.

Schon während der mehrwöchigen Umbauphase habe ich intensiv Plakat-Werbung am Bauzaun für Mitarbeiter gemacht, eine geringe Investition, die sich sehr gelohnt hat.

Sebastian Zahn (energieheld): Wurden Sie gefördert, beispielsweise durch eine niedrigschwellige Innovationsförderung für KMU und Handwerk?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Mein Investitionsvolumen für Umbau, Einrichtung und das erste Warenlager betrug 250.000 Euro. Davon habe ich aus meinen Ersparnissen 50.000 Euro an Eigenkapital eingebracht.

Der Rest wurde über ERP Darlehen günstig finanziert, die ersten beiden Jahre waren Zins- und Tilgungsfrei. Andere Förderprogramme habe ich nicht in Anspruch genommen.

Allein mit der Homepage setze ich mich von den meisten meiner Mitbewerber ab.

Auftragsakquise bei Neugründungen im Handwerk

Sebastian Zahn (energieheld): Viele Handwerksbetriebe nutzen verstärkt das Internet, im speziellen die Social Media Kanäle. Wie gelingt Ihnen die Auftragsakquise?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Basis meiner Internetstrategie ist eine sehr professionell gestaltete Homepage. Ich habe von Anfang an Wert darauf gelegt, dass es keine 08-15 Seite wird. So habe ich z. B. viel Geld für professionelle Fotos in die Hand genommen, diese Bilder zeigen meine Mitarbeiter und mich und nehmen den Betrachter mit in die Welt der Optikmeisterei.

Allein mit der Homepage setze ich mich von den meisten meiner Mitbewerber ab. Dadurch, dass die Seite dann auch noch technische Anforderungen von Google erfüllt, wie z. B. die Responsivität, wird die Seite der Optikmeisterei bei der generischen Suche beständig auf Platz 1 oder 2 angezeigt.

Die gute Google Platzierung und ein interessanter Inhalt sorgen für Terminbuchungen, die die Kunden bequem über die Homepage vornehmen können.

Über Facebook, den Blog und Youtube konnt ich meine Kundentreue und den wiederkaufswert steigern. Der Durchschnittliche wiederkaufswert liegt in Deutschland bei 3,8 Jahren bei mir sind es häufig nur 0,5-1,0 Jahr.

 

Eva Maria Trummer Werkstatt - Gründen im Handwerk

Eva Maria Trummer in ihrer Werkstatt – Gründen im Handwerk| © Rene‘ Carstanjen 

 

Sebastian Zahn (energieheld): Haben Sie Tipps für andere Gründer?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Zunächst muss man verstehen, dass Social Media kein Instrument ist, das man wie eine Zeitungsanzeige oder Google Adwords schalten kann, und dann geht das Geschäft los. In den sozialen Medien muss man zunächst viel geben, was die potentielle Zielgruppe interessieren könnte. Der „SALE“ Aufruf gehört nicht dazu!

Ich habe schon  vor der Eröffnung einen Blog gestartet, auf dem ich alle Interessierten über meine Schritte, auch die Rückschritte meiner Gründung informiert habe. Als der Laden eröffnet wurde, gab es schon eine kleine Fanbase der Optikmeisterei. Diesen Blog habe ich in den letzten Jahren regelmäßig befüllt – mit einer Mischung aus Modetipps, Infos aus der Meisterei und Informationen zum guten Sehen.

Daneben bediene ich seit einigen Monaten verstärkt den YouTube-Kanal mit Optikmeisterei-Content. Und regelmäßige Bilder auf Facebook und Instagram runden unseren Social Media Auftritt ab.

Digitalisierungsstrategie für Gründer im Handwerk

Sebastian Zahn (energieheld): Digitalisierung ist im Handwerk gerade eines der populärsten Themen. Wie sieht Ihre digitale Strategie aus?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Zunächst habe ich alle administrativen Prozesse digitalisiert. Dazu gehört die gesamte Lagerverwaltung, das Eingeben der Kundendaten am Tablett oder am TischPC sowie die Möglichkeiten, dem Kunden mit Hilfe eines Tabletts verschiedene Brillenformen an seinem eigenen Gesicht zu demonstrieren.

Unsere neueste Errungenschaft ist einev virtuell Brille, die verschiedene Gleitsichtgläser simulieren kann. Für mich sind das keine Gimmicks, sondern sinnvolle Möglichkeiten, schneller zu werden und dem Kunden einen größeren Nutzen zu bieten.

In der heutigen Zeit wollen die Mitarbeiter mehr Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, Freiräume und Sinngebung.

Sebastian Zahn: Mit dem Thema Digitalisierung geht auch häufig die Frage nach geeigneten Fachkräften einher. Welche Erfahrungen haben Sie als junge Unternehmerin gemacht?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Das Thema der geeigneten Fachkräfte ist für alle Unternehmen, aber vor allem im Handwerk ein großes Thema. Weil wir mit den Budgets der großen Arbeitgebermarken nicht mithalten können, müssen wir andere Wege gehen.

In der heutigen Zeit wollen die Mitarbeiter mehr Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, Freiräume und Sinngebung. Und gerade diese Punkte lassen sich in einem kleineren, familiär geführten Unternehmensumfeld besser realisieren, als bei einem Weltkonzern mit zehn Hierarchiestufen.

Sebastian Zahn (energieheld): Welche Werkzeuge und Tools sind für Sie als Gründerin besonders interessant?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Da bin ich ganz klassisch unterwegs: ich manage meinen Warenbestand und achte darauf, keine Ladenhüter, die Platz und Kapital beanspruchen, aufzubauen.

Betriebswirtschaftlich analysiere ich monatlich meine BWA, die mir schon am 10. Des Folgemonats vorliegt, das gibt mir genügend Zeit, schnell zu reagieren, wenn eine Kennzahl aus dem Ruder läuft.

Die nächsten Ziele

Sebastian Zahn (energieheld): Was sind ihre nächsten großen Vorhaben?

Eva Maria Trummer (Gründen im Handwerk): Da gibt es viel zu tun – ich will meine Youtube-Aktivitäten ausbauen, demnächst kommt die zweite Serie meiner Optikmeisterei-Kollektion auf den Markt, und wer weiß – vielleicht ergibt sich auch einmal die Gelegenheit eine Filiale zu eröffnen, wenn der Standort passt.

Langweilig wird es jedenfalls nicht.

Sebastian Zahn (energieheld): Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg! Und haben Sie vielen Dank für Ihre Zeit.


Ein Blick in die Werkstatt von Eva Maria Trummer

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Stephan Thies

"Für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende ist eine realistische und unabhängige Informationsbereitstellung wichtig. Bei Energieheld ist dies unser tägliches Bestreben."

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