Marketing im Handwerk – Experteninterview mit Volker Geyer
Volker Geyer, geboren 1958 legte mit erst 22 seine Meisterprüfung ab. Schon damals interessierte er sich für Themen rund ums Marketing. 1999 absolvierte er ein EKS-Strategie-Fernstudium, danach durchlief er bei UNI MARKETING eine Ausbildung zum Marketingtrainer fürs Handwerk.
Die Jahre zwischen 1998 und 2005 waren geprägt von vielen Herausforderungen, bis er 2005 die Markenstrategie für seinen Handwerksbetrieb Malerische Wohnideen startete. 2010 ging seine neue Seite Online.
2011 bekam Volker Geyer für die erfolgte Umsetzung seiner Markenstrategie von der Europäischen Kommission die Auszeichnung „secret of success“- bisher einzigartig für einen deutschen Handwerksbetrieb.
2015 startete Volker Geyer das Franchise-Konzept „Internetpartnerschaft für gestaltungsorientierte Malerbetriebe“.
Er zählt mittlerweile zu den bekanntesten Handwerksunternehmern in der EU und zu den erfolgreichsten im Internet. Das beweisen durchschnittlich über 10.000 Seitenaufrufe auf seiner Website pro Tag(!), 24.000 Follower auf Twitter und 22.000 Follower auf Facebook.
Themen des Interview:
- Es geht um die Zukunft des Handwerks
- Marketingstrategien für das Handwerk
- Kunden gewinnen über Social Media – geht auch im Handwerk
- Wünsche für die Zukunft
- Fazit
Es geht um die Zukunft des Handwerks
Vielen Handwerksbetrieben fehlt das grundsätzliche Interesse an den Themen Marketing und Kommunikation
Sebastian Zahn: Lieber Herr Geyer, erst einmal herzlich Willkommen.
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Vielen Dank für die Einladung, Herr Zahn.
Sebastian Zahn: Rettet das Internet die Zukunft von Handwerksunternehmen?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Das hört sich an, als ob das Handwerk am Abgrund steht. Das tut es in keinster Weise. Handwerk hat goldenen Boden, nach wie vor. Das Internet kann heute allerdings, wenn man es geschickt einsetzt, sehr viel zu einer positiven Zukunft der Betriebe beitragen.
Sowohl in den Bereichen Marketing und Kommunikation, wie auch in logistischen, organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Bereichen.
Sebastian Zahn: Warum kann es mit dem Handwerk nicht so weitergehen wie bisher?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Dem Handwerk geht es gut, so viel falsch gemacht hat man in der Vergangenheit nicht. Aber Sie haben Recht, jetzt geht es um die Zukunft und da zögern die Handwerksbetriebe gerade etwas.
Noch niemals zuvor hat ein Zug in die Zukunft so schnell Fahrt aufgenommen, wie die Internetisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft. Viele Handwerker sehen sich traditionsreich, bodenständig und die wenigsten sind Vollblutunternehmer. Das führt zu Verzögerungen, sich mit den neuen Medien auseinander zu setzen.
Die Innovativen machen es vor, die Jungen ziehen nach. In dieser Phase befinden wir uns gerade. Sicher werden viele noch auf den Internetzug aufspringen. Den Vorsprung der ersten Generation werden sie aber in den wenigsten Fällen aufholen können.
Sebastian Zahn: Wie geht ein Handwerksbetrieb mit den digitalen Veränderungen am besten um?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Die digitalen Veränderungen liegen ja nicht nur in den Bereichen Internet-Marketing und Social Media, da gibt es zum Beispiel noch digitale Zeiterfassung, Arbeiten in der Cloud, digitales Aufmaß, webbasierte Warenwirtschaft und anderes mehr.
Der Umgang damit und die Prioritäten sind sicher unterschiedlich und liegen an der Individualität des Betriebes und der Mitarbeiter, an den Stärken, Fähigkeiten und Vorgehensweisen des Inhabers. Aber grundsätzlich geht es nur nach und nach, Schritt für Schritt.
Sebastian Zahn: Was fehlt häufig im Handwerksbetrieb, um eine Digitalisierungsstrategie zu verwirklichen?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Wenn ich zu Ihrer Frage mal nur die digitalen Themen Internet-Marketing und Social Media betrachte, fehlt vielen Handwerksbetrieben das grundsätzliche Interesse an den Themen Marketing und Kommunikation.
Das war leider schon immer so. Viele haben einen Handwerksbetrieb gegründet, um zu Handwerken, nicht um Kommunikationsexperte, auch nicht um Unternehmer im eigentlichen Sinne zu werden.
Bei der jungen Generation sieht das etwas anders aus, diese Leute sind mit den digitalen Medien aufgewachsen. In einigen Jahren muss man im Handwerk niemanden mehr auf Internet-Marketing und Social Media aufmerksam machen, um sein Interesse dafür zu gewinnen. Dieser natürliche Veränderungsprozess hat bereits eingesetzt, das sehe ich ganz deutlich.
Marketingstrategien für das Handwerk
Durch die wesentlich größere Transparenz und Sichtbarkeit im Netz, finden immer mehr die Menschen und Betriebe zusammen, die zusammen passen, die auf der gleichen Wellenlänge schwingen, die auf der gleichen Ebene kommunizieren.
Sebastian Zahn: Funktioniert Digitalisierung nur in Verbindung mit Spezialisierung?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Das ist eine interessante Frage, die mir bisher noch niemand gestellt hat, mit der ich mich aber schon einige Jahre intern beschäftige.
Aus meiner Sicht funktioniert in einem intelligent spezialisierten Unternehmen vieles besser, reibungsloser, klarer und wirtschaftlicher. Auch die Digitalisierung. Ich finde man sieht es ganz deutlich, wenn man mal die Facebookchroniken von Handwerksbetrieben nach unten scrollt.
Je spezialisierter der Betrieb, desto zielgerichteter die Postings, desto klarer die Positionierung und desto wertiger die Resonanz. Ohne Spezialisierung ist alles schwieriger, nicht nur die Digitalisierung.
Sebastian Zahn: Auf dem 2. Internet Marketing Tag im Handwerk sagten Sie: „Handwerksbetriebe, die sich dem Internet und den sozialen Medien nicht öffnen, werden zurück bleiben. Hingegen diejenigen, die diese Instrumente verstehen geschickt einzusetzen, werden die Zukunft bestimmen“
Was meinen Sie damit?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Mit dem geschickten Einsatz der neuen Medien können Handwerksbetriebe unglaubliche Reichweiten erzielen und dadurch einen immensen Bekanntheitsgrad erreichen. Vielleicht der eine oder andere sich sogar zu einem „Popstar“ im Handwerk entwickeln.
Diese Leute werden künftig die Benchmark sein, sie werden bei Kunden, bei den Medien, bei der Industrie begehrt sein, sie werden die künftigen Produkte und Dienstleistungen am Markt platzieren und sie werden die Trends Ihrer Branche mitbestimmen.
Sebastian Zahn: Welche Schranken in der Kommunikation müssen überwunden werden?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Das ist aus meiner Sicht ein Generationenthema. Die Innovativen unter den gestandenen Handwerksunternehmern sind bereits erfolgreich im Netz unterwegs, die weniger Innovativen in dieser Gruppe werden keine Schranken mehr überwinden wollen, also nicht mehr in die digitale Kommunikation einsteigen.
Das ist okay und nicht verwerflich. Wie bereits zuvor erwähnt, die nachkommenden Generationen kennen keine Kommunikationsschranken, sie sind diesbezüglich barrierefrei aufgewachsen.
Sebastian Zahn: Ändern sich mit den sozialen Medien auch die Zielgruppen der Handwerker?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Eine spannende Frage. Ich glaube ja, nach und nach schon. Durch die wesentlich größere Transparenz und Sichtbarkeit im Netz, finden immer mehr die Menschen und Betriebe zusammen, die zusammen passen, die auf der gleichen Wellenlänge schwingen, die auf der gleichen Ebene kommunizieren. Aus meiner Sicht kann das für alle Beteiligten nur von Vorteil sein.
Kunden gewinnen über Social Media – geht auch im Handwerk
Unser Betrieb generiert über 80% seines gesamten Umsatzes über das Internet
Sebastian Zahn: Welche Möglichkeiten bietet Social Media für Aufträge?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Unser Betrieb generiert über 80% seines gesamten Umsatzes über das Internet, etwa die Hälfte davon hat seinen Ursprung in den sozialen Medien. Das können andere Betriebe auch. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Sebastian Zahn: Wann wird ein Kunde zum Stammkunden?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Außer vielleicht in Einzelfällen und unter den „Alten“ gibt es den Stammkunden von früher meiner Ansicht nach so heute nicht mehr. Unsere Gesellschaft und das Verhalten der Menschen haben sich verändert, jedenfalls im B2C.
Bei uns zählt ein Kunde beim zweiten Auftrag bereits zum Stammkunden und zwar mit dem Bewusstsein, dass ein möglicher dritter Auftrag auch von ihm nicht von alleine kommt. Die Bedeutung des Begriffes befindet sich bei uns gerade etwas im Wandel.
Sebastian Zahn: Wählen Sie Ihre Kunden nach möglichem Social Media Potential aus – mein Favorit ist der, der mir am meisten Likes bringt?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Ha, ha – das ist eine interessante Überlegung, ihn im Vorfeld bereits danach auszuwählen.
Aber im Ernst: nein, das machen wir nicht. Auch Kunden ohne Social Media Account sind bei uns herzlich willkommen, viele finden zu uns über eine gezielte Suche bei Google oder über die gute alte Mundpropaganda.
Sebastian Zahn: Wie hilfreich können CRM (Customer Relation Management) Tools für Handwerker sein?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Kundenpflege und Beziehungsmanagement sind ganz wichtige Bereiche, gerade auch in Handwerksbetrieben. Professionelle CRM-Tools können für die größeren Betriebe sicher interessante Vorteile bieten.
Sebastian Zahn: Wann ist ein Handwerker im Internet erfolgreich?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Erfolg ist ein subjektiver Begriff. In der Regel ist jemand erfolgreich, der sich Ziele setzt und sie erreicht. Im Kleinen wie im Großen. So sehe ich das im Internet-Marketing auch.
Sebastian Zahn: Welche Kennzahlen sollten Handwerker z. B. in den sozialen Medien erreichen?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Kennzahlen sind aus meiner Sicht zweitrangig. Wichtig ist, dass man im Netz authentisch ist, dass man Content bringt, dass man wertschätzend kommentiert und dass man am Ball bleibt.
Wer das umsetzt, macht vieles richtig, bei dem stellt sich der Erfolg irgendwann von alleine ein. Am Ende machen es die Qualität und Regelmäßigkeit der Aktivitäten und vor allem auch die Ausdauer aus. Was nützen mir tausend Facebookfans oder Twitterfollower, wenn ich im Netz kontraproduktiv unterwegs bin?
Wünsche für die Zukunft
Sebastian Zahn: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Volker Geyer (Marketing im Handwerk): Mehr Wertschätzung der Menschen, der Völker und der Religionen untereinander. Und Gesundheit! Zum Thema Digitalisierung fallen mir spontan keine wichtigen Wünsche ein.
Sebastian Zahn: Sollten verstärkt Anreize vom Staat kommen, um die Digitalisierung im Handwerk zu unterstützen?
Volker Geyer: Sofern es so etwas noch nicht gibt, könnte man darüber nachdenken. Zum Beispiel über die Finanzierung professioneller Hilfe für den digitalen Einstieg, denn externe Dienstleister kosten Geld. Wobei ich persönlich noch nie auf den Staat gewartet habe, um voranzukommen. Aber die Menschen sind ja bekanntlich unterschiedlich.
Sebastian Zahn: Lieber Herr Geyer, vielen Dank für das Gespräch.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ein innovativer Handwerksbetrieb trifft auf ein Start-Up der Energiebranche. Wie ich finde eine sehr gute Kombination. Das Internet überwindet Branchengrenzen und macht spannende Kommunikation und erfoglreiche Kooperationen möglich.
Wir leben in einer Zeit im Umbruch, in der alte Strukturen aufgebrochen und neue digitale Wege gegangen werden. Das dies auch im traditionellen Handwerk gut funktioniert, zeigt Volker Geyer im Interview eindrucksvoll. 80% seines Umsatzes generiert Herr Geyer über das Internet.
Eine wesentliche Rollen spielen dabei soziale Netzwerke. Die digitalen Medien richtig nutzen ist kein Hexenwerk. Es geht um Spezialisierung, um das kennen seiner Zielgruppe und die richtigen Umgangsformen.
Wir möchten den vielen Handwerksbetrieben zurufen, verschließt euch dem digitalen Wandel nicht. Geht ihn Schritt für Schritt – wir von Energieheld helfen euch dabei.