Stromanbieter und ihre Zertifikate: Ist das alles grün?
Viele Verbraucher verlassen sich nach wie vor auf das Label „Ökostrom“, wenn sie sich auf der Suche nach einem nachhaltigen Angebot befinden. Die Praxis zeigt, dass selbst unter dieser Voraussetzung nicht unbedingt das aus der Steckdose kommt, was sich der Verbraucher erhofft. Entscheidend ist deshalb ein Blick auf die Zertifizierung eines jeden Anbieters. Wichtige Tipps zur persönlichen Einschätzung haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.
Die große Bedeutung der Ökostrom-Zertifikate
Viele Verbraucher stellen sich die Frage, warum es sich nun überhaupt lohnt, Ökostrom-Zertifikate ganz genau in den Blick zu nehmen. Per se bieten viele Versorger neben ihren konventionellen Tarifen auch den etwas teureren „Ökostrom“ an. Doch besonders Umweltschützer blicken immer wieder mit Sorge auf diese Angebote. Sie sind der Meinung, die Versorger würden sich allein dem Trend anschließen, aber insgeheim weiterhin an der Produktion von Kohlestrom festhalten. Denn der Begriff „Ökostrom“ ist in Deutschland nach wie vor nicht an einheitliche Regeln gebunden und lässt den Anbietern große Freiheiten.
Die Schwierigkeit für umweltbewusste Verbraucher besteht nun darin, einen wahrhaft grünen Anbieter zu finden. Ein Aspekt ist hierbei die Frage, ob es sich um ein unabhängiges Unternehmen handelt. Ist es etwa nur ein Tochterunternehmen einer Firma, die gleichzeitig Kohlestrom produziert, so hält sich der Effekt in Grenzen. Nur das Zertifikat eines Anbieters bietet unter dem Strich das hohe Maß an Transparenz, das für die Verbraucher von Bedeutung ist, die sich übersichtlich darüber informieren möchten.
Immerhin kann ein Vertragswechsel Abhilfe schaffen, um tatsächlich in den Genuss ökologischen und sauberen Stroms zu kommen. Verbrauchen scheuen jedoch den vermeintlich hohen Aufwand für den Wechsel bzw. die Kündigung. Unnötigerweise, da der Stromanbieter binnen weniger Minuten online gekündigt werden kann.
Die Hintergründe der Zertifikate
Alle Ökostrom-Zertifikate, die von den Verbrauchern eingesehen werden können, beschäftigen sich in erster Linie mit der Herkunft des Stroms und seiner genauen Zusammensetzung. Da sich für sie ein Markt entwickelte und sie zwischen den Versorgern gehandelt werden können, sagen sie dennoch wenig über die tatsächlich zu erwartende Qualität aus. Bekannt ist etwa das „Renewable Energy Certificates System“ (RECS). Hier wird das Label direkt an die Betreiber eines ökologischen Kraftwerks ausgegeben. Für jede erzeugte Kilowattstunde erhält dieser entsprechende Zertifikate, die für ihn abseits des erzeugten Stroms einen Wert bedeuten. Dies liegt daran, dass sie verkauft werden können.
Auf diese Art und Weise ist es auch für einen Erzeuger konventionellen Stroms möglich, die eigene Produktion in ein grünes Licht zu rücken (Etikettenschwindel oder auch Ökostrom-Lüge). Durch den Erwerb der entsprechenden Zertifikate darf die Energie als ökologisch deklariert werden, obwohl der eigentliche Mehrwert der erneuerbaren Energie an ganz anderer Stelle erzeugt wurde. Trotz dieser Verschiebung ist es jedoch möglich, von der Anzahl der verfügbaren Zertifikate auf die Menge an Ökostrom zu schließen, die insgesamt ins Netz eingespeist wurde.
Eine wichtige Ergänzung zu dieser Angabe stellen aus dem Grund die Gütesiegel dar. Sie treffen eine Aussage über die Qualität des Stroms. In den meisten Fällen ist es für den Erhalt eines solchen Siegels notwendig, nicht nur einmalig in erneuerbare Energien zu investieren. Vielmehr wird es als eine Voraussetzung angesehen, langfristig in den Ausbau dieses Sektors zu investieren. So sollen neue Gelder generiert werden, die der Energiewende zugute kommen können. Aus diesem Grund lohnt sich für die Verbraucher auch ein Blick auf jene Siegel, mit denen ein Verbraucher sein Angebot ausstatten kann.
Die drei wichtigsten Siegel
Doch welche Siegel gibt es überhaupt, denen eine hohe Aussagekraft zugeschrieben werden kann? Einerseits spielen hier die Siegel des TÜV (TÜV-Zertifikate) eine wichtige Rolle. Von den führenden Versorgern werden diese an prominenter Stelle platziert, um auf die Qualität des Angebots aufmerksam zu machen. Weiterhin verweisen Experten auf das „Grüner Strom Label“ und die Auszeichnung „ok-power“, die ebenfalls eine genaue Prüfung ins Vorfeld der Vergabe stellen. Bei Letzterem wird einerseits darauf geachtet, dass der Strom eines Anbieters zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt. Des weiteren ist es nicht gestattet, an klassischer Produktion von Kohle- und Atomkraft finanziell beteiligt zu sein. Ob in Zukunft eine Vereinfachung dieser Auszeichnung erreicht werden kann, die den Verbrauchern ein noch höheres Maß an Klarheit in Aussicht stellt, ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.
Ökostrom ist wichtig für die Energiewende
Obwohl unter dem Strich nicht dafür garantiert werden kann, dass zu 100 Prozent grüner Strom aus der Steckdose kommt, so bleibt der eigene Wechsel des Stromanbieters doch nicht ohne Wirkung. Dies liegt daran, dass der Anteil der erneuerbaren Energien im Netz Stück für Stück erhöht werden kann. Mit jedem Haushalt, der seinen Strom (und ggf. auch das Gas) von einem Ökostromanbeiter bezieht, werden konventionelle Stromanbieter ein wenig mehr vom Markt verdrängt! Jede Kilowattstunde Ökostrom verdrängt also eine Kilowattstunde aus Kohle, Gas oder Öl.
Mit dem Wechsel zu einem Ökostromanbieter bietet sich also die Möglichkeit, einen persönlichen Beitrag zur wichtigen Energiewende zu leisten. Wer auf einen Anbieter mit den Öko-Siegeln achtet, kann im Schnitt mit seiner Wahl nicht viel verkehrt machen.
Neben der Erkenntnis der eigenen Verantwortung an diesem Prozess ist es dabei von Bedeutung, sich im Vorfeld genau über die einzelnen Anbieter in Kenntnis zu setzen. Wer über Jahre hinweg keinen Wechsel in Betracht zieht, verspielt damit die Möglichkeit, die Situation nach den eigenen Vorstellungen zu beeinflussen. Auf der anderen Seite reichen wenige Minuten aus, um sich mit der Hilfe verschiedener Webseiten einen besseren Eindruck über die Angebote der Firmen zu verschaffen. Dies ist ein wichtiger Weg, um nicht nur das persönliche Bewusstsein zu schärfen, sondern zugleich die Stromproduktion in Deutschland in die richtige und nachhaltige Richtung zu lenken.
Quellen:
Titelbild: © Boke9a / Pixabay