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Interview: Thomas Schremmer (GRÜNE)

In der Reihe “energieheld fragt – Experten antworten” interviewt energieheld regelmäßig Experten aus den verschiedensten Bereichen der Energiebranche.

Diverse wichtige Punkte zur aktuellen energiepolitischen Lage werden angesprochen, ein Ausblick auf Trends wird gegeben, Tipps wie im Alltag etwas für die Umwelt getan werden kann und jeweils zum Ende hin ein zusammenfassendes Fazit mit den wichtigsten und spannendsten Erkenntnissen.

Zu Gast – der niedersächsische Landespolitiker Thomas Schremmer von den Grünen (Teil 1 von 2)

Heute steht uns Thomas Schremmer Rede und Antwort. Herr Schremmer ist Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag Niedersachsen und Sprecher für die Bereiche Arbeitsmarkt, Öffentliches Dienstrecht, Gesundheit, Psychiatrie und Bauen/Wohnen. Hierbei ist er für die Regionen Cuxhaven und Hannover zuständig. Thomas Schremmer, geboren 1960, war von 1989 bis zur seiner Wahl in den Landtag im Jahre 2013 Angestellter bei der Landeshauptstadt Hannover. Zu dieser Zeit hat sich Herr Schremmer u. a. mit der Sanierung von öffentlichen Gebäuden beschäftigt. Dazu gehörte auch die Frage, welchen energetischen Sanierungsstatus das Hannover Rathaus aufweist. Im Zuge der Sanierung war Herrn Schremmer die Kombination aus Arbeitspolitik, sozialem Wohnungsbau und energetischer Gebäudesanierung wichtig. Von 2006 bis 2012 war er Sprecher des Stadtverbandes Hannover.


energieheld: Hallo Herr Schremmer, schön dass sie sich für uns Zeit genommen haben!

Schremmer: Gerne.

Thema: Kohle und Emissionshandel

Kohle ist nicht mal mehr eine Übergangstechnologie!

energieheld: Warum erhöht sich Jahr für Jahr die Energieversorgung durch Kohle in Deutschland? Welche Ursachen sind dafür verantwortlich und wie lässt sich das Problem im regionalen Kontext erörtern?

Schremmer:  Kohle ist grundsätzlich verzichtbar, nicht nur aus CO2-Gründen sondern auch aus marktwirtschaftlicher Sicht. Der weiterhin hohe Anteil, den Kohle an der Energiegewinnung hat, liegt meiner Meinung nach am Emissionshandel. Die Einsparungsziele, die durch den Handel erreicht werden können, sind unglaublich niedrig geworden. Die Idee, durch Verknappung der Emissionsrechte Energieversoger genauer überlegen zu lassen, auf welcher Weise sie Energie erzeugen wollen, hat nicht funktioniert. Völlig klar ist weiter, dass es keinen Sinn macht weiterhin auf Kohle zu setzen. Ältere Kraftwerke sind ineffizient. Es gibt hier keine Zukunftstechnologie. Nicht mal mehr eine Übergangsstechnologie. Andere Energieformen sind hier selbstredend zielführender.

energieheld: Welche Möglichkeiten verfolgt die niedersächsische Landesregierung beim Thema CO2-Reduzierung?

Schremmer: Ach, es ist überall ein Thema und ehrlich gesagt: Nicht alles was von der EU kommt ist schlecht. Vielfach ist das Wissen der meisten Bürger über die Fördermaßnahmen von Seiten der EU lückenhaft. Was natürlich vollkommen verständlich ist. Zu Ihrer Frage, die EU fördert z. B. ganz konkret CO2 reduzierende Maßnahmen in der Landespolitik. Das betrifft den Nahverkehr, wie auch die Sanierung von Gebäuden. Das Land Niedersachsen setzt sich hier ganz konkret mit Einsparmaßnahmen auseinander, um dann eben auch die entsprechenden Fördertöpfe nutzen zu können.

energieheld: Die Landesregierung versucht sich demnach zukunftsfähig aufzustellen und die Förderbeiträge zu erhalten? Denn man benötigt natürlich entsprechende Amortisationszeiten von 10 Jahren bis 15 Jahren.

Schremmer: Richtig! Die Kommunen und Länder weisen nur geringe monetäre Mittel auf, um entsprechende klimaschützende Maßnahmen einzuleiten. Da sind die Fördertöpfe der EU natürlich eine Chance, CO2 reduzierende Maßnahmen umzusetzen. Aber wissen Sie was? Das angestrebte Reduktionsziel von 20 Prozent finde ich nicht ambitioniert genug. So kann, laut dem neuesten Bericht der EU-Kommission, die globale Erderwärmung überhaupt nicht gestoppt werden.

Thomas Schremmer

Thema: Energiekonzerne und die verschlafene Energiewende

Marktwirtschaft heißt auch Wettbewerb!

energieheld: Welche Folge hat die Energiewende für die großen EVUs, beispielsweise EnBW oder RWE? Wie sehen Sie die großen Energieversorger aufgestellt? Haben Sie das gut gemeistert?

Schremmer: Wenn Sie sich die aktuelle Werbung der großen Energieunternehmen anschauen, dann denke Sie, dass hier wohl alles richtig gemacht wurde. Falsch, klare Selbsttäuschung. Die höchsten Gewinne wurden und werden natürlich noch mit Atomkraft erzielt. Die Energiewende, die zurzeit in vollem Gange ist, wurde von den großen Energiekonzernen ganz einfach verschlafen. Wissen Sie, die Grünen kommen ja nicht nur aus der Bewegung „Atomkraft, Nein Danke!“, sondern wir sind auch Teil eines aktiven bürgerlichen Engagements. Bisher ist mir der lokale Aspekt noch zu wenig beachtet worden. Das bedeutet, im lokalen Sektor mit Hilfe von Erneuerbaren Energien selbstständig Strom zu erzeugen. Ganz richtig haben es die kleinen Energieversorger gemacht und die Stadtwerke sind mit ihren Angeboten zu Erneuerbaren Energien am Markt auch ganz gut aufgestellt.

Aber was mich besonders ärgert ist, dass die großen Konzerne jetzt ihre alten Atommeiler an den Staat verscherbeln wollen. Nach dem Motto, Jahre lang haben wir abkassiert, jetzt vergesellschaften wir die Reste. Und können uns anschließend vollständig um den erneuerbaren Markt kümmern.

Das geht natürlich nicht. Denn diese Konzerne haben nicht nur die Energiewende verschlafen, sie haben auch zu kurzfristig gedacht, eben nur an die schnelle Dividende.

Da stellt sich doch die Frage, was damals passiert ist, als wir den Markt liberalisiert haben? Das hätte man voraussehen können, dass nur noch wenige Player d. h. drei oder vier am Markt tätig sein werden. Viele Kommunen haben die Stromversorgung abgegeben und gedacht, das wird sich schon rechnen. Man kann sagen, in einer Marktwirtschaft ist das so, aber Marktwirtschaft bedeutet auch Wettbewerb. Aber genau das haben wir verpasst. 

Dies war der erste Teil des Interviews

Weiter geht es mit Teil 2 des Interviews am 14.07.2014.

Liebe LeserInnen,

eindringlich hat uns Thomas Schremmer im ersten Teil die aktuelle Lage der Energiepolitik vor Augen geführt. Kohle ist und kann nicht mal mehr als eine Übergangsform bezeichnet werden. Damit ist eine Neuregulierung des Emissionsrechtes unbedingt erforderlich. Wie sonst sollte die Emissionsreduktion von 20 Prozent erreicht werden? Zur Energiewende: Verschlafen wurde diese von den Großkonzernen, die sich bis in die frühe Vergangenheit nur Gedanken über kurzfristige Dividenden gemacht haben. Ein Ausweg? Mehr Wettbewerb im Strommarkt! Ein hehres Ziel.


Quellen:
Bild: © Energieheld

Stephan Thies

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Markus

    Hallo, interessantes Interview, was mich wieder mal zu dem Schluss kommen lässt, das die eigentliche Macht in der Energiepolitik nachwievor bei den Konzernen liegt, die Politik sich oftmals nicht tiefgehend genug mit dem Thema beschäftigt und im Grunde nie das erreicht werden wird, was ursprünglich mal angestrebt wurde – Stichwort: Energiewandel „verschlafen“ …..Gruss Markus

  2. Pingback: Thomas Schremmer (Grüne/ Niedersachsen) im Interview

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