DENEFF Team

Interview: Jan Illmer von der DENEFF

In der Blog-Reihe energieheld fragt – Experten antworten, interviewt energieheld regelmäßig Experten aus den verschiedensten Bereichen.

Diverse wichtige Punkte zur Technik, zum alltäglichen Umgang mit Energie oder zur aktuellen energiepolitischen Lage werden angesprochen. Anschließend wird ein Ausblick auf Trends sowie Tipps gegeben, wie im Alltag etwas für die Umwelt getan werden kann. In der Reihe kommen Blogger, Politiker, Unternehmen, Prominente und viele mehr zu Wort.

Zu Gast: Jan Illmer

Jan Illmer | © DENEFF / deneff.org

Im Gespräch mit uns ist Herr Jan Illmer. Seit dem Sommer 2021 arbeitet er als “Entrepreneur in Residence” bei der DENEFF. Das steht für “Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz”. Hier setzen sich “profilierte Politikexperten, Betriebswirte, Kommunikationsprofis, Unternehmensvertreter und neuerdings auch Entrepreneurs in Residence” für eine gemeinsame Sache ein: Energieeffizienz

Energieeffizienz ist einer der wichtigsten Treiber der Energiewende und bringt viele Chancen für Wirtschaft, Gebäude und Infrastruktur mit sich. Um diese Potenziale zu nutzen setzt sich die DENEFF für die richtigen politischen Rahmenbedingungen ein.

Carlo Förster (energieheld): Sehr geehrter Herr Illmer, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben. Wir leben in einer spannenden Zeit, da sich viele Chancen und Möglichkeiten aber auch Risiken für unsere Gesellschaft(en), den Energiewandel und die Umwelt auftun.


Thema: Was ist die DENEFF?

Es braucht bessere politische Rahmenbedingungen und eine industrieübergreifende Zusammenarbeit von Vorreiterunternehmen. Und genau daran arbeiten wir mit einem unserem Team aus Berlin heraus. 

energieheld: Herr Illmer, Sie arbeiten für die DENEFF. Das steht für “Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz.” Was genau ist die DENEFF und was ist ihr Ziel?

Jan Illmer: Seit 2010 ist die DENEFF die starke Stimme der Energieeffizienz. Als gemeinnütziger Verein machen wir uns erfolgreich stark für eine ambitionierte und wirksame Energie(effizienz)politik in Deutschland und Europa und treiben als führendes Energiewendenetzwerk Innovationen an der Schnittstelle von Markt und Politik voran.

Energieeffizienz ist das Multitool der Energiewende: geringerer Energieverbrauch und damit weniger CO2, Zukunftsjobs, werthaltige Gebäude, moderne Fabriken und eine resiliente Infrastruktur. Doch die enormen, auch wirtschaftlichen Chancen durch Energieeffizienz realisieren sich nicht von allein. Es braucht bessere politische Rahmenbedingungen und eine industrieübergreifende Zusammenarbeit von Vorreiterunternehmen. Und genau daran arbeiten wir mit unserem Team aus Berlin heraus.

Ein Modellhaus & eine Energieeffizienz Skala | gopixa © shutterstock.com

energieheld: Was sind eure 3-4 spannendsten Projekte aktuell?

Jan Illmer: Wo Markt und Politik sich treffen, entstehen neue Ideen für ein gutes Klima und ein gutes Leben. Mit wegweisenden Projekten bringen wir die Nachfrage nach der eingesparten Kilowattstunde in Schwung.

Unsere aktuellen Projekte sind vielseitig, so entwickeln wir in dem Projekt „Bytes2Heat“ Lösungsansätze, damit Abwärme aus Rechenzentren noch besser genutzt werden kann. In einem anderen Projekt haben wir den „Carbon Value Analyser“ entwickelt, der bei der finanziellen Immobilienbewertung den Energieverbrauch berücksichtigt.
Bei einem weiteren spannenden Projekt arbeiten wir an Lösungen, damit Sozialeinrichtungen, wie beispielsweise Krankenhäuser, dekarbonisiert werden können.

Wenn wir Tools und Konzepte für mehr Klimaschutz auf den Weg bringen, sind Vertreter aller relevanten Gruppen von Anfang an beteiligt. Um den Austausch der Anwenderseite zu intensivieren, haben wir jetzt die Plattformen Immo2.zero und Industry2.zero gestartet. Im Projekt „Plattform Digitalisierung und Klimaschutz arbeiten wir seit April an innovativen, nutzerzentrierten, digitalen Klimaschutz Lösungen in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr.

energieheld: Was habt ihr schon alles erreicht?

Jan Illmer: Es ist uns gelungen, Energieeffizienz als zentralen Bestandteil in der Energie- und Klimapolitik zu positionieren. Auf EU-Ebene gibt es – auch durch unser Hinwirken mit der EU-Energieeffizienzrichtlinie – einen gemeinsamen Rahmen für ganz Europa. Aktuell setzen wir uns für verbindliche Ziele sowie für Effizienz-Mindeststandards in Gebäuden (MEPS) ein. Auch haben sich seit Gründung der DENEFF die Förderangebote massiv verbessert. Für die neue Bundesregierung gilt es jetzt, die Vorhaben, von denen viele die Handschrift der DENEFF tragen, konkret umzusetzen. Im Spiegel der Energiepreisentwicklung ist mehr Ambition noch wichtiger.


Thema: Russischer Angriffskrieg und die Auswirkungen auf unsere Energieversorgung

Deshalb wird Energiesparen jetzt zum Gebot der Stunde: Energiesparen ist mehr als Klimaschutz, denn die beste und die friedlichste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst verbraucht wird.

energieheld: Angesichts der aktuellen Lage des Kriegs in der Ukraine ist unser Abhängigkeitsproblem von russischen Energieimporten in aller Munde. Welchen Beitrag kann Energieeffizienz für die Energieunabhängigkeit leisten und was sind eurer Ansicht nach die wichtigsten Stellschrauben und Schritte, um Energiesicherheit zu gewährleisten?  

Jan Illmer: Die Umstellung der Energieversorgung, also alternativen Importländer bzw. der Wechsel auf Erneuerbare Energien, wird die strategische Gas Lücke nicht schließen. Erst recht nicht kurzfristig bis zur nächsten Heizperiode im Winter. Deshalb wird Energiesparen jetzt zum Gebot der Stunde: Energiesparen ist mehr als Klimaschutz, denn die beste und die friedlichste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst verbraucht wird.

Die DENEFF hat daher ein historisches Energiesparpaket auf die Beine gestellt. Es beinhaltet zahlreiche Maßnahmen, wie wir kurzfristig unseren Energieverbrauch senken können, sowohl als Verbraucherinnen und Verbraucher, als auch in Unternehmen und der Industrie. Haushalte können ihren privaten Energieverbrauch sofort reduzieren: Dies fängt bei Verhaltensänderungen an, wie z. B. Licht und Elektrogeräte nur bei Bedarf einzuschalten sowie bewusst zu lüften und zu heizen. Auch viele technische Optimierungsmaßnahmen lassen sich schnell, teilweise sogar selbst umsetzen. Auch Unternehmen haben zahlreiche Handlungsmöglichkeiten, schnell einen Beitrag zu mehr Energiesicherheit und Flexibilität zu leisten: Die reicht vom Austausch veralteter, energie-ineffizienter Technologie über technische Isolierung und verbesserte Abwärmenutzung bis zum Energie- und Lastmanagement. Damit das passiert und wir darüber hinaus auch bei den Klimazielen aufholen, muss die Politik die Bevölkerung und Wirtschaft unterstützen und Planungssicherheit schaffen, den deutschen Energieverbrauch langfristig massiv zu senken.

Ein Sparschwein & ein grünes Haus | pogonici © shutterstock.com

energieheld: Wenn es nach euch geht, sollte Energiesparen also wieder absolut prioritär werden. Wie bringt ihr das auf die politische Agenda? Steht ihr in regem Austausch mit Politiker*innen?

Jan Illmer: In dem wir deutlich machen, dass die Energieeffizienz Wirtschaft eine Branche mit Gewicht ist. Das tun wir tagtäglich im Austausch mit Bundestag, Ministerien und EU-Institutionen, in Kampagnen wie zuletzt zur Bundestagswahl, bei Veranstaltungen wie parlamentarischer Arbeit und vielen Fakten und Debattenbeiträgen. Da wir das schon seit über 10 Jahren tun, können wir dabei auf etablierte Netzwerke wie unseren parlamentarischen Beirat und viel gewachsenes Know-How zurückgreifen.

Zum anderen treten wir über die klassische Kommunikationsarbeit an die breite Öffentlichkeit. Unser Ziel ist es immer, ein gesellschaftliches Momentum für unsere Themen zu generieren oder debattenprägend am Diskurs teilzunehmen. Wir arbeiten zudem immer wieder auch mit anderen Verbänden zusammen, denn so können wir am effektivsten unsere Botschaft kommunizieren.

energieheld: Wie laufen die Gespräche mit Politikern, die sich im Krisenmodus befinden?

Jan Illmer: Grundsätzlich haben alle noch weniger Zeit als sonst. Politikentscheider*innen müssen schnell auf rasante Entwicklungen reagieren. Die Bereitstellung von gut aufbereiteter und relevanter Information empfinden daher viele als wertvoll. Speziell in diesem Fall des Ukraine Kriegs und der damit verbundenen Frage nach der Unabhängigkeit von russischen Energieimporten, haben wir bei der DENEFF als Experten für Energiesparen und Effizienz das Privileg, mit Lösungen unterstützen zu können. Unser Politik-Briefing zum historischen Energiesparpaket wurde sehr gut angenommen, weil wir unsere Kritik stets mit lösungsorientierten Handlungsvorschlägen verbinden.


Thema: “Entrepreneur-in-Residence”

 Ich fokussiere mich jedoch darauf die Umsetzung der Energiewende zu beschleunigen.

energieheld: Herr Illmer, Sie persönlich arbeiten seit Sommer 2021 als “Entrepreneur-in-Residence” für die DENEFF. Sie sind also Unternehmer im Unternehmen und haben die Aufgabe neue Geschäftszweige zu erforschen. Woran arbeiten Sie aktuell?

Jan Illmer: Es gibt viele interessante Themenbereiche, die sich anbieten, diese als Entrepreneur-in-Residence zu analysieren und innovative Lösungen zu entwickeln. So arbeitet ein Kollege von mir beispielsweise an dem Thema Abwärmenutzung. Ich fokussiere mich jedoch darauf die Umsetzung der Energiewende zu beschleunigen. Das tue ich durch Vereinfachung von Prozessen und dem Auflösen von Komplexität.

Das heißt konkret, dass ich momentan in einem Projekt arbeite, in dem sich mit der Frage beschäftigt wird, was die Hürden und Probleme bei Energiewende Vorhaben von deutschen KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) sind. Aus den Erkenntnissen unserer Analyse haben wir dann ein Finanzierungstool für KMU, Energiedienstleister und Energieberater entwickelt.

DENEFF Logo | © DENEFF / deneff.org

energieheld: Wir kam es zu diesem Projekt und was sind dabei die größten Herausforderungen?

Jan Illmer: Die Dekarbonisierung der Industrie kann und muss Millionen von Tonnen CO2 einsparen. Damit würden wir unseren Klimazielen einen großen Schritt näherkommen. Eine energieeffizientere Industrie heißt auch, eine krisensichere Industrie, da sie weniger von Energiepreisentwicklungen abhängig ist.

Man könnte meinen, dass es für Unternehmer ein no-brainer ist, in Energiewende Vorhaben im eigenen Unternehmen zu investieren, doch die CO2-Einsparungen des Industriesektors reichen noch nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen.

Woran das liegt, haben wir in unserem aktuellen Projekt „ACE II“ untersucht. In zahlreichen Workshops mit Experten und Anwendern aus der Praxis fanden wir heraus, dass es folgende Herausforderungen zu bewältigen gibt:

  • Energiewende Vorhaben mit kleinen Investitionsvolumen sind uninteressant für die meisten Finanzierungspartner
  • Energiewendevorhaben sind recht neu und kompliziert, sodass es Finanzierungspartnern schwerfällt, diese einzuschätzen und zu bearbeiten
  • Finanzierungspartner verlangen von den KMU meist, dass diese die Energiewende Vorhaben mit dem Kreditrahmen bei ihrer Hausbank finanzieren sollen
  • KMU haben keine Erfahrungen mit Energiewende Vorhaben
  • KMU haben keine Zeit, um sich in die Thematik einzulesen und eine Finanzierung zu beschaffen

Mit diesen Erkenntnissen haben wir dann effinvest entwickelt, eine innovative Finanzierungsplattform, die die Energiewende voranbringt.

energieheld: Wie kann effinvest dieses Problem lösen?

Jan Illmer: Seit November 2021 finden KMU auf effinvest nützliche Tools, die helfen Informationslücken zu schließen und die Finanzierung des Effizienz Vorhabens vereinfachen. Mit unserem QuickCheck können die Nutzer schnell und einfach testen, ob ihr gewähltes Produkt dem neuesten Stand der Technik entspricht. Das trägt zur Entscheidungssicherheit bei. Durch unseren Fördermittel-Check erhalten KMU einen guten Überblick über die diversen Fördermöglichkeiten zu ihrem Projekt. Hier ist für jedes Vorhaben etwas dabei!

Unser wichtigster Service ist die unverbindliche digitale Finanzierungsanfrage. Nutzer können dadurch mit einer Anfrage über 300 potenzielle Finanzierungspartner erreichen und erhalten so mit wenig Zeitaufwand mehrere Angebote, die sie über unsere Plattform einfach und schnell miteinander vergleichen können. Zudem gibt es dabei keine Mindestfinanzierungssumme.
Das führt nicht nur zu einer Zeitersparnis, sondern auch zu mehr Markttransparenz und besseren Finanzierungskonditionen. Mit effinvest können KMU, Energiedienstleister und Energieberater also schnell, einfach und unverbindlich interessante Finanzierungsangebote erhalten.


Fazit

Das Thema Energieeffizienz ist sowohl für die Energiewende als auch für den Klimaschutz von größter Bedeutung. Erneuerbare Energiequellen wie Windkraft oder Solarenergie zu erschließen ist zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber für sich alleine noch lange nicht ausreichend. 

Nachhaltige Lösungen der Energieversorgung sind jeder Zeit und vor allem in unserer gegenwärtigen Situation dem Abbau und der Verbrennung fossiler Rohstoffe vorzuziehen. Allerdings stellen auch diese Maßnahmen einen Eingriff in die Natur und teilweise auch eine direkte Bedrohung gewisser Tierarten dar. Die beste Energie ist also die, die gar nicht erst verbraucht wird. Aus diesem Grund sind Maßnahmen zur Erhöhung von Energieeffizienz ein wichtiger Schlüssel zur Erreichung unserer Klimaziele. 

Titelbild: deneff.org © DENEFF | Ein Teamfoto der DENEFF

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