Interview Nico Reffert Mvv

Interview Nico Reffert, MVV Regioplan (Climap)

In der Blog-Reihe energieheld fragt – Experten antworten, interviewt energieheld regelmäßig Experten aus den verschiedensten Bereichen. Diverse wichtige Punkte zur Technik, zum alltäglichen Umgang mit Energie oder zur aktuellen energiepolitischen Lage werden angesprochen. In der Reihe kommen Blogger, Politiker, Unternehmen, Prominente und viele mehr zu Wort.

Zu Gast: Nico Reffert

Im Gespräch mit uns ist Nico Reffert von MVV Regioplan (Climap). Das Mannheimer Energieunternehmen MVV Energie AG ist einer der führenden Energieversorger in Deutschland. Mit seiner Klimapositiv-Strategie will der Energieversorger ein Vorreiter in Sachen Energiewende sein. MVV Regioplan ist ein selbstständiges Tochterunternehmen von MVV und ein interdisziplinär aufgestelltes Ingenieur- und Beratungsbüro. Hier ist auch Nico Reffert als Ingenieur für die digitale energetische Stadtentwicklung tätig. Wir möchten mit Herrn Reffert über das Unternehmen MVV und seinen Klimapositiv-Kurs reden, den Einfluss der Digitaliserung auf die Energiewende sprechen und wie er als Ingenieur bei MVV Regioplan zur Energiewende beiträgt.

energieheld: Herr Reffert, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns einige Fragen zu beantworten.


MVV und die Energiewende

energieheld: Bei einem Energieversorgungsunternehmen denken viele Menschen wahrscheinlich erstmal nicht an ein grünes Unternehmen, da es mit fossilen Brennstoffen in Verbindung gebracht wird. MVV aber ist Vorreiter bei der Energiewende. Gleichzeitig Energieversorger und Klimapionier sein – wie geht das?

Nico Reffert: Klimaschutz und Energiewende sind wesentliche Teile der Strategie von MVV und leiten die Aktivitäten des Unternehmens. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Mannheimer Modell von MVV. Es stützt sich auf die Wärmewende, Stromwende und innovative Kundenlösungen.

Das Mannheimer Modell ist die Antwort von MVV darauf, wie das Unternehmen mit den Emissionen, die es unmittelbar oder mittelbar verursacht, umgeht. Es ist die Antwort auf das, was MVV tun muss, um Emissionen dauerhaft zu reduzieren und der Atmosphäre CO2 aktiv zu entziehen, indem es sie nutzt oder dauerhaft speichert, und so am Ende #klimapositiv zu werden.

Am Mannheimer Modell richtet MVV ihr gesamtes Handeln in der MVV-Gruppe aus – also an allen Standorten. Auf dem Weg in eine #klimapositive Zukunft stellt MVV in Mannheim und Offenbach ihre Fernwärmeerzeugung bis 2030 vollständig auf grüne Energiequellen um; in Kiel – und damit konzernweit – wird MVV die Umstellung bis 2035 erreichen, wenn das dortige Gasheizkraftwerk mit Wasserstoff betrieben wird.

So will MVV als eines der ersten Energieunternehmen Deutschlands bis 2035 #klimapositiv werden und Vorreiter der Energiewende sein.

Außerdem wird MVV ihre Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2030 mehr als verdreifachen: von aktuell 633 Megawatt auf rund 2.000 Megawatt im Jahr 2030. Und das Unternehmen will nicht nur selbst als Unternehmen #klimapositiv sein, sondern ihre Kunden bei ihrer eigenen Klimaneutralität unterstützen. Dafür wird MVV bis spätestens 2035 ausschließlich 100 % klimaneutrale Produkte und Dienstleistungen anbieten und sukzessive ihre bestehenden Kundenverträge auf Grün umstellen.


Digitalisierung und Klimawandel

Umso erschreckender ist es, dass wir mit unserem politischen und gesellschaftlichen Handeln dem Stand unseres Wissens so hinterherrennen und das, obwohl die Digitalisierung maßgeblich dazu beitragen kann, den Klimawandel zu bekämpfen.

energieheld: Sie sind Ingenieur für die digitale energetische Stadtentwicklung – was kann man sich darunter vorstellen?

Nico Reffert: Als Ingenieur für die digitale energetische Stadtentwicklung arbeite ich bei MVV Regioplan im Team Climap, einem innovativen Service von MVV. Wir erfassen den Gebäudebestand in Städten und Kommunen in großem Maßstab mit Wärmebildern von der Straße und der Luft aus, um Auffälligkeiten an den Gebäudefassaden und -dächern zu ermitteln.

Thermalkamerafahrzeug von Climap | © MVV

Die entstandenen Wärmebilder fließen anschließend in die digitale Wärmelandkarte auf unserer Homepage ein. In dieser werden die gewonnenen Erkenntnisse in zusammengefasster, aggregierter Form dargestellt, sodass man einen ersten Überblick über den energetischen Zustand des Gebäudes erhalten kann, jedoch keine gebäudescharfen Rückschlüsse möglich sind. Dies wird erst durch den individuellen Energiebericht möglich, welchen der jeweilige Immobilieneigentümer kostengünstig erwerben kann. Dieser beinhaltet neben den ausgewerteten Wärmebildern eine ausführliche energetische Analyse sowie weitere Informationen wie bspw. Handlungsempfehlungen und Umsetzungshilfen und bietet so für den Eigentümer eine individuelle Empfehlung. Gerne stehe ich den Immobilieneigentümern bei weiterführenden Fragen rund um die Sanierung beratend zur Seite.

Städte und Gemeinden müssen mutige und innovative Entscheidungen treffen, um nachhaltiger zu werden, das Klima zu schützen und dafür notwendige Klimaanpassungen vorzunehmen.

Gemeinsam mit MVV Regioplan unterstütze ich Kommunen bei der Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben – von der klimaangepassten Stadtplanung über nachhaltige Stadtsanierung bis hin zur Smart-City-Strategie. Dabei beteiligen wir auch immer die Öffentlichkeit und alle wichtigen Akteure der Kommune. Ich bin fest davon überzeugt: Städte und Gemeinden müssen mutige und innovative Entscheidungen treffen, um nachhaltiger zu werden, das Klima zu schützen und dafür notwendige Klimaanpassungen vorzunehmen. Dies ist Herausforderung und Chance zugleich für die Lebensqualität im urbanen Raum.


energieheld: Sie haben es ja bereits angeschnitten: Wie kann Digitalisierung dabei helfen, den Klimawandel zu bekämpfen?

Nico Reffert: Die Digitalisierung kann auf vielfältige Weise dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen. Durch den Einsatz von digitalen Technologien können Prozesse effizienter gestaltet und Ressourcen eingespart werden. Beispielsweise ermöglichen Smart Grids eine intelligentere Steuerung des Energieverbrauchs und die Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz.

Auch die Nutzung von Big Data und künstlicher Intelligenz kann dazu beitragen, Umweltprobleme durch Warnsysteme in Form von Messwerten für Klimaprognosen frühzeitig zu erkennen und Lösungen zu entwickeln.

Darüber hinaus ermöglicht die Digitalisierung eine bessere Überwachung und Analyse von Umweltdaten, was wiederum zu fundierteren Entscheidungen im Bereich des Umweltschutzes führen kann. Durch die Vernetzung von Geräten und Systemen können auch Verkehrsstaus reduziert, Emissionen minimiert und der öffentliche Verkehr effizienter gestaltet werden.

Umso erschreckender ist es, dass wir mit unserem politischen und gesellschaftlichen Handeln dem Stand unseres Wissens so hinterherrennen und das, obwohl die Digitalisierung maßgeblich dazu beitragen kann, den Klimawandel zu bekämpfen. Die größten Einsparpotenziale und somit auch den größten Mehrwert im Kampf gegen den Klimawandel weisen in der digitalen Transformation die Anwendungsbereiche Fertigung, Mobilität, Energie, Gebäude, Arbeit & Business, Landwirtschaft und Gesundheit auf.

Auf Privathaushalte entfällt dabei mehr als ein Viertel des Energieverbrauchs in Deutschland. Betrachtet man darüber hinaus die Tatsache, dass 23 Millionen Immobilien bundesweit in einem energetisch schlechten Zustand sind und dadurch 70 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr zu viel ausgestoßen werden, so wird schnell deutlich, dass sich dies schnellstmöglich ändern muss, damit wir die Energiewende schaffen. Immobilieneigentümer fühlen sich jedoch häufig mit der Thematik des Sanierens überfordert, zumal die Politik hierbei durch das zeitweise Aussetzen der Fördermittel eher zur Verunsicherung beiträgt und viele gar nicht wissen, was sie gefördert bekommen und welche Maßnahmen bei den Umbauten verpflichtend sind.

Climap Thermobild Haus | © MVV

Climap setzt hier an und bietet ein niederschwelliges Einstiegsangebot, um dem Verbraucher anhand eines Energieberichts basierend auf Wärmebildern zu veranschaulichen, wo das Gebäude Wärme verliert und mit welchen kleinen, teilweise selbst umzusetzenden Maßnahmen sie Energie effektiv einsparen können. Insgesamt bietet die Digitalisierung also viele Möglichkeiten, um den Klimawandel anzugehen und eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten.


Kreative Lösungen gegen den Klimawandel

energieheld: Wie wichtig finden Sie persönlich kreative Lösungen, um den Klimawandel zu bekämpfen?

Nico Reffert: Ich finde kreative Lösungen wichtig, um den Klimawandel effektiv zu bekämpfen. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und erfordert innovative Ansätze und Ideen, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Kreativität kann dazu beitragen, neue Technologien zu entwickeln, bestehende Prozesse zu optimieren und das Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen. Durch kreative Lösungen können wir die notwendigen Maßnahmen schneller umsetzen und einen positiven Einfluss auf unsere Umwelt und zukünftige Generationen haben.

Neue Wege einzuschlagen und kreative Lösungen aufzeigen, waren mir daher von Anfang an sehr wichtig. Ein effizienter Umgang mit Energie ist die Basis für die Energiewende. Ich erinnere mich dabei gerne an das Forschungsprojekt „Nudge“, welches ich bei MVV betreuen durfte. Dabei ging es um das energieoptimierte Laden von Elektrofahrzeugen mit eigenerzeugtem Strom aus der Photovolatikanlage und den durch verschiedene monetäre Anreize erzeugten Nutzungsverhaltensänderungen der Bewohner, im Einklang mit dem eigenen Energieverhalten.

Aber auch in meinem aktuellen Job geht es immer wieder darum, neue Lösungen zu entwickeln, um den Service Climap an die Bedürfnisse der Kunden bestmöglich anzupassen. Gleiches gilt auch in meiner Freizeit. Hier engagiere ich mich ehrenamtlich in der Brühler Klimaschutzarbeitsgruppe Erneuerbare Energien und vertrete die Interessen der Bevölkerung im Brühler Gemeinderat.


Die Rolle der E-Mobilität

energieheld: Apropos Elektrofahrzeuge: Welche Chancen sehen Sie in der E-Mobilität?

Nico Reffert: Die E-Mobilität bietet zahlreiche Chancen für eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Zukunft. Durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen können wir den CO2-Ausstoß reduzieren und die Luftqualität in Städten verbessern. Zudem können erneuerbare Energien zur Stromerzeugung genutzt werden, was die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert.

Insgesamt sehe ich in der E-Mobilität eine große Chance, um unsere Umwelt zu schützen und die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, nachhaltiger zu gestalten.

Die E-Mobilität bietet auch die Möglichkeit, innovative Technologien und Geschäftsmodelle zu entwickeln, die die Mobilität effizienter und komfortabler gestalten. Insgesamt sehe ich in der E-Mobilität eine große Chance, um unsere Umwelt zu schützen und die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, nachhaltiger zu gestalten. Ein weiterer Vorteil ist die Innovationskraft, die durch Elektromobilität freigesetzt wird. Die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich fördern technologische Fortschritte, die weit über die Automobilindustrie hinausgehen können.


Fazit

Um die Energiewende voranzutreiben, muss noch viel passieren. Unternehmen wie MVV leisten mit Projekten wie Climap einen wichtigen Beitrag. Und es zeigt: Mit Hilfe der Digitalisierung kann in Sachen Klimaschutz noch viel mehr passieren. Hier gibt es aber noch Handlungsspielraum. Sowohl gesellschaftlich als auch politisch braucht es mehr Anstrengungen, um die Energiewende auf allen Ebenen voranzutreiben. Innovative, nachhaltige Ansätze können dabei helfen. Die Zukunft der Energie ist grün, und Projekte wie das von MVV entscheidend.

Titelbild: Nico Reffert Climap © MVV

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